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Einig nur im Abstieg

Nach der dritten Heimniederlage, Wolfsburg siegte mit 1:0, scheint das Cottbuser Kollektiv aufzubrechen

COTTBUS taz ■ Die Wahrheit kann bitter sein. Wenn einer sie dann trotzdem sagt, sind alle drumherum sehr entrüstet, so wie das jetzt bei Christian Beeck der Fall ist. Am Freitag hat der Mannschaftskapitän von Energie Cottbus der Berliner Zeitung ein Interview gegeben, das in der gesamten Fußball-Lausitz für Aufregung gesorgt hat, weil Beeck darin kein Blatt vor den Mund nimmt und sich auch sehr bittere Dinge auszusprechen traut. „Man spricht nicht miteinander. Viele gehen sich aus dem Weg“, sagt Beeck im Interview zum Beispiel. Auch welch katastrophale Auswirkung das aufs Mannschaftsklima und den Verlauf der Saison hat, lässt der Kapitän nicht unerwähnt: „Fehlende fußballerische Klasse“, so Beeck, „haben wir immer durch unseren Zusammenhalt wettgemacht. Davon ist allerdings in dieser Zeit wenig zu spüren.“ Vielmehr herrsche in dem mit 33 Profis viel zu großen Kader Neid und Missgunst, gepaart mit der Angst einiger Spieler um ihren Arbeitsplatz.

Wenn man Beecks Ausführungen zum Ernst der Lage gelesen hat, weiß man, dass die Lage beim FC Energie derzeit sehr ernst ist, um nicht zu sagen: am Rande der Hoffnungslosigkeit. Und zu dieser Erkenntnis trägt auch das Geschehen bei, das sich nur einen Tag und 90 Minuten nach Erscheinen des Interviews abgespielt hat im Stadion der Freundschaft. Da hatten die Cottbuser Fußballer wieder ein Heimspiel verloren, das dritte in Serie und mit 0:1 gegen einen kaum mittelklassigen VfL Wolfsburg. Kaum war das Spiel zu Ende, begannen wieder die wilden Pöbeleien von jenen, die eigentlich Fans sein wollen. Geyer raus, Profis raus, Ausländer raus. Es war nicht nur einfallslos, was die Energie-Anhänger in ihrer blinden Wut riefen, es war armselig. Wenn das so weitergeht mit den üblen Beschimpfungen gegen Spieler und Trainer bis hin zu Drohbriefen und der Androhung körperlicher Gewalt (sogar gegen Familienmitglieder), wird es am Ende der Bundesligasaison garantiert heißen: Cottbus raus! Noch ist es nicht so weit, nach vier Punkten in sieben Spieltagen ist die Lage nur verfahren. „Wir hatten bisher jedes Jahr eine solche Durststrecke“, sagt Eduard Geyer, der bei manchen nicht mehr unumstrittene Trainer der Lausitzer. Andererseits ist Fakt, dass sie das Steuer in ihrer noch jungen Bundesligageschichte schon zwei Mal rumreißen konnten, längst nicht die Gewähr, dass es auch beim dritten Mal gelingen muss.

„Die Bundesliga“, das weiß der Trainer, „schaffen wir nur gemeinsam oder gar nicht.“ Genau an diesem Gemeinsinn gilt es nun schleunigst zu arbeiten, derzeit fehlt er an allen Ecken und Enden. Dabei könnte ausgerechnet die Partie gegen die Wolfsburger als Beispiel gelten, wie es gehen könnte: Vor dem Anpfiff hatte es nämlich den Anschein, als ob die Energie-Anhängerschaft diesmal wild entschlossen sei, fest zu ihrer Mannschaft zu stehen, nach Anpfiff legte die Mannschaft los wie zu besseren Zeiten. Cottbus kämpfte und rackerte, entwickelte Druck und zeigte Wille, vor allem aber: trat als Mannschaft auf, eine ganze Halbzeit lang und weitere zehn Minuten. Kurzum: Energie war überlegen und das Publikum für einen Augenblick versöhnt, auch wenn es so mancher Aktion an Präzision und Sicherheit mangelte. Und dann, nach 55 Minuten, drosch Wolfsburgs Tomislav Maric mit einem „Unglücksschuss“ (Energie-Neuzugang Paulo Rink) aus 20 Metern und halber Drehung den Ball Richtung Tor und in dieses hinein. Alles, was für Cottbus vorher gut zu werden schien, verkehrte sich nun ins Gegenteil. „Wir brauchen Erfolge. Nur die schweißen zusammen“, sagt Manager Klaus Stabach. Auch der Trainer weiß um die heilenden Kräfte des Erfolgs. Geyer: „Wenn du gewinnst, hast du sie alle wieder in einem Topf“: Spieler, Trainer, Anhänger, alle eben, so ist das im Fußball. Wenn du verlierst, wirst du beschimpft und angepöbelt, so ist das anderswo und in der Lausitz sowieso.

Das ist die Wahrheit, die manchmal bitter ist und doch gesagt werden muss – auch wenn der Wahrsager im Nachhinein bereut, weil die Wellen über ihm zusammenschlagen so wie bei Christian Beeck. „Es war die Wahrheit“, rechtfertigte sich der Kapitän am Samstag dennoch mutig. „Aber ich hätte sie gerne anders formuliert.“

FRANK KETTERER

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